Im Grunde war es wie beim Übergang von Post Punk zu Indie Rock: Abseits der stadienfüllenden Supergroups und Plattenmultis schicken sich ein paar Labels, Bands und Journalisten an, den Mainstream mit einer neuen Variante des Bekannten zu infiltrieren. Man will ja durchaus, dass die (eigene) Musik von der Masse gehört wird, ist aber nicht gerade YES, Genesis, die Stones oder gar der neue Elvis. Vielleicht ist man sogar ein bisschen subversiv und kann auch den üblichen Klischees nicht entsprechen, die bisher Massenverkäufe sicherten. Unter Umständen predigt die Band, die irgendwie „alternativ“ wirkt, also nicht Motorräder, Chicks und Alkohol oder Kokain, sondern der Gitarrist fährt Fahrrad, der Keyboarder schluckt LSD und der Sänger ist bisexuell. „Moment!“, ruft da direkt ein findiger Stratege. „Dafür gibt es doch durchaus einen Markt!“
Hat MTV Alternative Rock erfunden?
Es ist schon auffällig, dass Bands wie R.E.M. mit dem Musikfernsehen groß geworden sind. Seit den Anfängen von MTV war aber durchaus zu sehen, dass zum Beispiel die Talking Heads und DEVO besser mit dem neuen (Werbe-)Medium klar kamen als die „„ehrlichen“ und „erdigen“ Mucker-Bands. (Irgendwann schrieb Phil Collins wohl deshalb „I Can’t Dance“. Aber Bowie war in seinem Element und ordnete „Let’s Dance“ an.)
Genau: Ironie, Kreativität und Persönlichkeiten, die etwas weniger gradlinige Messages hatten, waren bei Musikvideos gefragt. Aber auch ein etwas roher Charme, der sozusagen das Rockige fast ersetzte: Unvollkommenheiten. Nicht zu perfekt sein. irgendwie geheimnisvoll menscheln statt immer nur auf den Putz hauen. Man könnte fast behaupten, dass Grunge den Alternative Rock erst zum neuen (Band-)Mainstream gemacht hat. Als neues Ding der Bleichgesichter, die nicht ganz so gut Hip-Hop und House können. Was nun wirklich zur selben Zeit passierte.
Die Amerikaner haben also diese Alternative erfunden. Und erst in den Neunzigern kam in den UK mit Placebo so etwas wie Alternative Brit Rock auf, der nicht zu sehr Pop oder Indie war. Und selbst in Deutschland rockt man seitdem lieber interessant als „ehrlich“.